AIKor - 10.10.04:
Reden zur Solidarität mit dem palästinensischen und irakischen Widerstand

Von den Aktionen, die anlässlich des vierten Jahrestages der Al-Aqsa-Intifada stattfanden, dokumentiere ich vier Reden aus Beirut, Wien, Köln und Stuttgart:

Ein Meilenstein im globalen Kampf gegen Ungerechtigkeit und Krieg
(Eröffnungsansprache beim internationalen Strategie-Treffen von Bewegungen gegen Krieg und Globalisierung in Beirut/Libanon vom 17. bis 19. September 2004)
Von Walden Bello, Träger des Right Livelihood Award 2003, besser bekannt als Alternativer Nobel Preis. Geschäftsführender Direktor der in Bangkok ansässigen Forschungsorganisation Focus on the Global South, Professor für Soziologie und öffentliche Verwaltung an der Universität der Philippinen.

Walden Bello gibt in Beirut folgende nüchterne Einschätzung der Friedensbewegung in den westlichen Ländern:

"Die Demonstrationen am 20. März 2004 waren bedeutend kleiner als am 15. Februar 2003, als mehrere Zehnmillionen weltweit gegen die geplante Invasion im Irak marschierten. (...) Vielleicht ist ein Hauptgrund dafür, dass ein bedeutender Teil der internationalen Friedensbewegung zögert, den irakischen Widerstand zu legitimieren. Um wen handelt es sich? Können wir sie wirkliche unterstützen? Diese Fragen wurden den Befürwortern eines bedingungslosen militärischen und politischen Rückzugs aus dem Irak immer wieder entgegen gehalten. Machen wir uns nichts vor: der Einsatz von Selbstmord als politische Waffe stört weiterhin viele Aktivisten, die von Erklärungen abgestoßen werden wie solchen von palästinensischen Führern, die stolz betonen, dass Selbstmordattentäter auf Seiten unterdrückter Menschen das Äquivalent für die F-16 sind. Nennen wir die Dinge beim Namen: die Tatsache, dass ein großer Teil des Widerstands im Irak und in Palästina islamisch statt säkular motiviert ist, stört immer noch viele westliche Friedensaktivisten.

Aber noch nie hat es eine hübsch anzuschauende Bewegung der nationalen Befreiung oder Unabhängigkeit gegeben. So waren auch viele Fortschrittliche von den Methoden der "Mau Mau"-Bewegung in Kenia, der FLN in Algerien, der NLF in Vietnam abgestoßen. Was Fortschrittliche manchmal vergessen ist, dass die nationalen Befreiungsbewegungen sie nicht um eigentlich ideologische oder politische Unterstützung bitten. Was sie allerdings von der Außenwelt, von Fortschrittlichen wie unsereins, erwarten, ist internationaler Druck für den Rückzug einer illegitimen Besatzungsmacht, damit interne Kräfte den Spielraum haben, um eine wirklich nationale auf ihren eigenen, spezifischen Bedingungen beruhende Regierung zu bilden. Wenn Friedensaktivisten nicht aufhören, ihre Aktionen unausgesprochen von einer Garantie abhängig zu machen, dass eine nach den von ihnen propagierten Werten und Diskursen maßgeschneiderte nationale Befreiungsbewegung an die Macht kommt, werden viele von ihnen weiterhin in dem Paradigma befangen bleiben, anderen Völkern ihre Bedingungen aufzuerlegen.

Lassen Sie mich klar sagen: Wir können keine an Bedingungen geknüpften Lösungen befürworten - auch nicht eine, die besagt, Rückzug der US- und Koalitionstruppen nur, wenn es eine Sicherheitspräsenz der Vereinten Nationen an Stelle der Amerikaner gibt. Das einzig Prinzip, das Bestand hat, ist: Bedingungsloser Rückzug der militärischen und politischen Kräfte der USA und der Koalition, und zwar sofort. Punkt."

Ferner stellten Walden Bello fest, es gebe eine "politische und kulturelle Lücke zwischen der globalen Bewegung für Gerechtigkeit und Frieden und den ihr entsprechenden Kräften in der arabischen und islamischen Welt". "Dies ist eine Lücke, die der Imperialismus zur Genüge ausgenutzt hat, wobei er sich bemüht, unsere arabischen und moslemischen Genossen als Terroristen oder Unterstützer von Terroristen zu diffamieren. (...)

Und Walden Bello schreibt den westlichen Friedens und Antiglobalsierungsbewegungen ins Stammbuch: "...sofern nicht die globalen Bewegungen und die arabischen Bewegungen feste, organische Bande der Solidarität knüpfen, werden wir den Kampf gegen die konzerngesteuerte Globalisierung und gegen den Imperialismus nicht gewinnen."

(PDF, 32 kB)

Erklärung von Beirut
Erklärung des internationalen Strategie-Treffens von Bewegungen gegen Krieg und Globalisierung in Beirut/Libanon vom 17. bis 19. September 2004

Die Forderungen der 300 Teilnehmer des Beiruter Stratgie-Treffens aus 54 Ländern lauten:

  • "Wir unterstützen das Recht der Völker des Irak und Palästinas, gegen Besatzung Widerstand zu leisten.

  • Wir fordern den bedingungslosen Rückzug der USA und der "Koalitions"-Truppen aus dem Irak.

  • Wir verlangen das Ende der israelischen Besatzung Palästinas.

  • Wir verlangen die Gewährung des Rechts auf Rückkehr. Bis dahin müssen den palästinensischen Flüchtlingen in der Diaspora und den innerhalb des Landes vertriebenen Palästinensern volle ökonomische, politische und soziale Rechte gewährt werden.

  • Wir verurteilen den rassistischen und kolonialistischen Charakter des Zionismus, der Staatsideologie Israels.

  • Wir fordern den Abbau der Apartheid-Mauer und aller Siedlungen.

  • Wir fordern die Freilassung aller palästinensischen und irakischen politischen Gefangenen."

(PDF, 8 kB)

Solidaritätskundgebung für die Völker des Iraks und Palästinas am 25. September 2004 in Wien, Stephansplatz
Rede von Otto Bruckner, Sprecher der "Kommunistischen Initiative zur Erneuerung der KPÖ"

Otto Bruckner in Wien betont: "Wir solidarisieren uns mit dem irakischen Widerstand wohl wissend, dass in seinem Windschatten wie in jeder Zeit verschärfter Kämpfe auch Verbrecher, Mörder und Provokateure ihr Unwesen treiben. Wir wollen aber die Anmaßung der "Politisch korrekten" in den Metropolen zurückweisen, dem Widerstand die Wahl seiner Mittel vorschreiben zu wollen. Wir halten das für borniert und arrogant. Wir schenken - weil wir sehen, worum es hier geht - auch den Beteuerungen so genannter irakischer Linker und Kommunisten keinen Glauben, dass das Ende der Besatzung quasi automatisch mit freien Wahlen kommen würde. Wahlen unter einem Besatzungsregime können nicht frei sein und gewählte Marionetten werden die Besatzer mit höflichen Bitten nicht vertreiben."

(PDF, 11 kB)

Gegen Aggression, Repression und Manipulation
Weg mit der Mauer in Palästina! Schluss mit der Besatzung in Palästina und Irak!
Rede von Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes, auf der Kundgebung am Samstag, 25. September 2004, in Köln, Domplatte anlässlich des vierten Jahrestag der palästinensischen Intifada

Klaus Hartmann in Köln nennt Hintergründe: "Unter den fast 200.000 Besatzern sind auch Tausende CIA- und Mossad-Agenten, die an der unsichtbaren Front mitbomben. Mit Anschlägen auf Gläubige versuchen sie, Schiiten und Sunniten gegeneinander zu hetzen, den ersehnten Bürgerkrieg zu initiieren, gegen den sie dann "leider, leider" die Dreiteilung, die Balkanisierung des Irak verhängen müssten. Gemäß Sharons Auftrag zur "Bestrafung" der französischen Regierung werden prompt französische Journalisten entführt. Einrichtungen der Vereinten Nationen werden angegriffen, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen entführt, Todesschwadronen machen Jagd auf Angehörige der irakischen Intelligenz - alles dient dazu, den irakischen Widerstand zu diskreditieren und zu delegitimieren. Dies wird der Mörderbande von Mossad und Al CIAda nicht gelingen!"

Zum Zusammenhang zwischen Krieg und Repression erklärt Klaus Hartmann: "Wir protestieren entschieden gegen das Verbot des Arabisch-islamischen Kongresses durch die SPD-Politiker Schily und Körting in Berlin mit der Begründung der "Unterstützung der Widerstandsbewegung im Irak". Damit werden alle kriminalisiert, die das Völkerrecht gegen ihre Zerstörer verteidigen. Schily, der als Innenminister auch Polizeiminister ist, versteht sich offenbar insbesondere als Gedankenpolizeiminister. Die Verbotsbegründung "Billigung schwerer Straftaten" fällt voll und ganz auf ihn zurück. Denn kurz nach dem gerichtlichen Gutachten des Internationalen Gerichtshofs stellte sich Schily neben die israelische Apartheidmauer und rechtfertigte sie mit dem sogenannten ´Selbstverteidigungsrecht Israels´".

Zu den politischen Gefangenen fordert Hartmann:

"Freiheit für alle politischen und Kriegsgefangenen der NATO!

  • Freiheit für Mumia Abu-Jamal!

  • Freiheit für Slobodan Milosevic!

  • Freiheit für Marwan Barghouti!

  • Freiheit für Abduljabbar al-Kubaysi!

  • Freiheit für alle Gefangenen unter der Besatzung des Irak und Palästinas!

Und dies schließt ein: Freiheit für Saddam Hussein! Dies ist keine Frage von Sympathie oder Ablehnung, das ist eine elementare Frage des Rechts. Aggressoren und Besatzern kann niemals erlaubt sein, Staatschefs souveräner Staaten gefangen zu nehmen und abzuurteilen."

(PDF, 14 kB)

Aktionstag zum vierten Jahrestag der Intifada:
Stoppt die Mauer in Palästina! Gegen Krieg und Besatzung!
Rede von Michel Flament, Le Monde Diplomatique, Strasbourg auf der Kundgebung am Samstag, 25. September 2004, in Stuttgart anlässlich des vierten Jahrestag der palästinensischen Intifada

Michel Flament in Stuttgart: "Es ist die Zivilgesellschaft selbst, die wir hier alle repräsentieren, und die mit ihren 700 Verbänden, Nichtregierungsorganisationen und anderen Strukturen eine große Mehrheit der europäischen Bürger vereinigt, Bürger die es leid sind, ohnmächtig mit anzusehen, wie elementare Werte, denen sie sich unmittelbar verbünden fühlen, missachtet werden."

"Diese Zivilgesellschaft kam ....auf Initiative der Vereinten Nationen am 13. und 14. September in New York zusammen. Hier sollte ausgelotet werden, welche Rolle die Zivilgesellschaft spielen könnte, um das palästinensische und israelische Volk aus der Sackgasse herauszuführen, in der sie sich gegenwärtig befinden: Sowohl das palästinensische Volk würdig und sich wehrend unter der ständigen, seit Jahrzehnten andauernden Besetzung als auch das israelische Volk, das - mit der Verantwortung für eine Regierung, die anstatt grundlegender Rechte nur Gewalt kennt - mehr und mehr unter dem unendlichen Konflikt leidet."

"Diese Gleichzeitigkeit von internationalen Veranstaltungen, konzertierten Aktionen und Zusammenkünften ist keineswegs zufällig. Sie ist das Echo einer weit verbreiteten Verbitterung gegenüber dem skrupellosen und auf Gewalt beruhendem Handeln einiger Staaten auf Kosten von gequälten, gedemütigten, verschleppten und auf ihrem eigenen Territorium misshandelten Völkern.

Unserem Aufruf zur Einhaltung des Rechts, der unser wichtigstes Ziel sein muss, kann sich niemand glaubhaft entgegenstellen. Nicht ohne Grund hat letzten Dienstag vor den Vereinten Nationen ihr Generalsekretär Kofi Annan in einer kurzen aber bedeutenden Rede die gegenwärtige Vollversammlung eröffnet, in dem er auf die Gefahr für den Rechtsstaat hinwies und eindeutig klarstellte, dass Recht über Macht steht und nicht umgekehrt."

(PDF, 16 kB)

Hinweis zu bevorstehenden Aktionstagen:


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